Vorgestern meldete ANNA-News schwere Kämpfe zwischen der FSA und der Al-Nusra-Front in der Provinz Idleb. Grund für den gegenseitigen Ungemach soll ein von den Islamisten getöteter “geistlicher Führer” der FSA gewesen sein.
Was das für ein Führer gewesen sein soll, bleibt unklar, doch die Tendenz ist klar: immer öfter gibt es solche oder analoge Meldungen über Zusammenstöße oder regelrechte Kämpfe der Rebellenbanden untereinander. Gründe dafür gibt es viele. Die Al-Nusra-Front besteht zum überwiegenden Teil aus irakischen Al-Kaida-Leuten. Die Führung der Front – “Abu Dua” und “Abu Muhammad al-Dscholani” – sind Mitstreiter des Aiman az-Zawahiri. Die Al-Nusra-Front ist die wohl kampfstärkste und hochmotivierte Terrorgruppe der Region, in ihren Reihen steht faktisch eine Internationale aus dem gesamten Nahen und Mittleren Osten, doch es dominieren eben die Iraker. Die Organisation ist auch nicht gerade billig – sie braucht eine ordentliche Finanzierung, und das ist es wohl auch, wohin die Gelder aus Saudi-Arabien und Katar gelangen.
So, wie es aussieht, führt die gekürzte Finanzierung von Seiten der Golfmonarchien zu ebensolchen Zusammenstößen zwischen den verschiedenen Gruppierungen. Die Widersprüche zwischen ihnen sind tief; ähnlich war es bereits in Libyen, wo die Rebellenbanden, die noch gemeinsam gegen Gaddafi gekämpft hatten, sich nicht minder wild aufeinander stürzten. In Libyen kam es jedoch im Verlauf des verhältnismäßig “kurzen” Krieges noch nicht zu einer merklichen Aktivierung solcher Widersprüche, und die Kämpfe zwischen den verschiedenen Gruppen gingen dann schon nach der “Befreiung” Libyens voll los, als dieses leidgeprüfte Land schon keine Schlagzeilen mehr machen (sollte). Von solchen Auseinandersetzungen war also wenig zu lesen, und wenn die Meldungen durchsickerten, wurden sie oft mythologisiert – beispielsweise wurden die Bewohner Bani Walids allesamt zum “Grünen Widerstand” erklärt. Die würden sich wundern. Tatsächlich ging es da eher um den ewigen Kampf zwischen Bani Walid und Misurata.
In Syrien führt der sich in die Länge ziehende Krieg und das offensichtliche Nachsehen der Rebellenbanden in der heutigen Konfiguration zu Verteilungskämpfen um die schwindenden Ressourcen. Nicht nur finanzieller Art. Rebellen gibt es Unmengen, die müssen ganz banal ernährt werden, und mit Versiegen der Finanzierung gibt es eben wohl auch keine Kost & Logis mehr frei. Man muss sich das kaufen. Ebenso verhält es sich mit Waffen und Munition – wie auch immer man die Sache dreht, die Rebellen brauchen Geld.
Teilweise läßt sich dieses Problem wohl mit Raub und Entführungen lösen, was in den “befreiten” Gebieten wohl die florierendste Branche ist. Doch sie reicht nicht und ist nicht “nachhaltig”. So kommt es eben zu den oben beschriebenen Zusammenstößen.
Sicherliche kann sich die Armee nicht darauf verlassen, dass die Rebellen sich irgendwann gegenseitig ausmerzen. Präsident Assad hat den Syrern nach dem Massaker in Aleppo vor einiger Zeit bereits versprochen, die Al-Nusra-Front bis zum letzten Mann zu vernichten.
Hierunter noch ein Gespräch, das Marat Musin von ANNA-News mit Journalisten der Moskauer Zeitung “Zavtra” führte. Der Titel dieses Posts stammt von dort – mir fiel kein anderer ein, obwohl er die Inhalte hier sicher nur ungenügend widerspiegelt. Marat Musin läßt sich in diesem Interview über die aktuelle Lage in Syrien (die er ja selbst erlebt) und über Zusammenhänge im Hintergrund aus. Es ist in meiner Erfahrung sehr schwierig, seine frei gehaltenen Reden zu Papier zu bringen. ZAVTRA.ru hat’s versucht, aber man merkt schon einiges Chaos. Trotzdem lesenswert, mindestens als Zeugnis aus erster Hand und von der Frontlinie. Anm.: Marat Musin ist ein Dr. der Wirtschaftswissenschaften und Professor (Lehrstuhl für strategisches und Krisenmanagement an der Staatlichen Wirtschafts- und Handelsuniversität in Moskau).
ZAVTRA: Marat Masitowitsch, Sie sind der Leiter einer Gruppe von Journalisten der Nachrichtenagentur ANNA-News, und sind vor ein paar Tagen von der Frontlinie zurückgekehrt, wo sie syrischen Streitkräfte gegen die Rebellenbanden kämpfen. Wie ist derzeit die Lage in Syrien? Was passiert in Damaskus?
Marat Musin: Wir sind in Daraja, einem Vorort von Damaskus, gewesen, wo eine größere Gruppe Rebellen umstellt ist; wir sind bis in Sichtweite ihres Haupt-Kommandozentrums vorgedrungen. In manchen Augenblicken befand sich der Gegner kaum zwei Meter von uns weg, hinter einer Wand… und wir warteten auf den Angriff.
Unter den Rebellenbanden gibt es sehr viele Ausländer. Auf jeden Fall habe ich dutzende ihrer verbrannten Leichen dokumentiert. Die Leichen der Ausländer werden verbrannt, damit man sie nicht identifizieren kann. Syrer werden hingegen beerdigt.
Angeworben werden in diese Banden Syrer aus den kaum gebildeten Schichten und Arbeitslose – gegen ein paar Groschen und Drogen. An den Frontlinien finden wir andauernd Spritzen, Ampullen und Tabletten – sie liegen direkt auf den Straßen herum.
Auf einem Schützenpanzerwagen kamen wir unter der Deckung von zwei Panzern zu einem eingenommenen Kommandopunkt der Rebellen heran – es handelte sich dabei um ein paar unterkellerte Gebäude, die mit Schießscharten und Schützenpositionen ausgestattet waren. Um diese Gebäude gab es 9 Tage lang heftige Kämpfe. Wir wurden auch beschossen, in der Panzerung blieben die Spuren von 12,7-Millimeter-Geschossen zurück. Hier, im Bereich der Medresse von Daraja, wurde eine recht große Einheit Salafiten vernichtet. Bei der Erstürmung sind 4 Soldaten und ein Leutnant unter schwerem Gegenfeuer in das Erdgeschoss des Gebäudes eingedrungen und haben dieses Stockwerk gesichert. Daraufhin haben acht Soldaten unter dem Kommando eines Oberst das zweite Stockwerk eingenommen. Die Rebellen zogen sich in die Kellergewölbe zurück und saßen still, ohne zu schießen. Als die Hauptmacht der Armee ins Gebäude einzog, schossen sie den Soldaten durch Ritzen und Löcher in die Beine. Acht von denen, die zu Boden gingen, wurden durch Kopfschüsse getötet. Nach dieser Episode wurden verständlicherweise keine Gefangenen mehr gemacht. Die Leute waren wirklich in Rage. Man hat später über 90 Leichen aus diesem Kellergewölbe geborgen. Der Kommandeur dieser Salafitenbrigade war ein Saudi, er und sein Sohn sind dort erschossen worden.
Später kamen wir an Stellungen, von denen aus die Erstürmung eines befestigten Viertels der Banditen beginnen sollte. Wir haben gehört, wie sich die Offiziere mit den Rebellen im Nachbarhaus in Wortwechsel einließen; die Banditen lehnten es ab, sich zu ergeben, und antworteten mit Schimpftiraden. Die Soldaten verloren also die Lust am Verhandeln, eine Sturmgruppe ging los und vernichtete sie.
Auf derlei Einsätze gehen bei den Syrern nur Freiwillige – das habe ich mit eigenen Augen gesehen.
ZAVTRA: Die syrisch Armee führt unentwegt Kämpfe in Ortschaften, erstürmt die Positionen der Terroristen und unternimmt Anti-Terror-Einsätze. Wie ist Ihre Meinung zu den Fähigkeiten der Soldaten, was deren Einsätze und die persönlichen Qualitäten anbelangt?
M.M.: Die syrischen Soldaten und Offiziere legen Beharrlichkeit und Heldenmut an den Tag. Mitunter grenzt ihre Aufopferung an Leichtsinn. Doch diese Eigenschaft zeugt ohne viele Worte von ihrer Furchtlosigkeit und der Bereitschaft, sich für ihr Vaterland zu opfern.
Syrische Soldaten.
Foto von Anhar K. Von ihr selbst gibt’s nichts NeuesAls wir unterwegs durch eine gefährliche Gegend waren, wurden wir von einfachen Soldaten, die nicht einmal Schutzwesten trugen, rechts und links abgeschirmt. Unser Begleiter hat uns dann und wann einfach gewarnt: “Vorsicht, hier ist es gefährlich!” und uns durch seinen eigenen Leib abgeschirmt. In Daraja gerieten wir unter Scharfschützenfeuer. Wir mussten über eine Straße sprinten, die durchschossen wurde. Beinahe wäre unser Kameramann erschossen worden. Der Scharfschütze tat einen Fehlschuss. Als ich auf dieser Strecke stolperte und fiel, kamen sogleich zwei Soldaten heran, um mich aus dieser Lage zu retten. Beide waren auf offener Straße in der Schußlinie. Dabei kenne ich nicht einmal die Namen dieser Soldaten.
Und solche Fälle gibt es viele. Unter den einfachen Soldaten gibt es wirklich Helden. Wir kamen einmal unter Sperrfeuer. Unser Begleiter, ein junger Mann von vielleicht 20 Jahren, wurde von einer Kugel kurz unterhalb des Herzens getroffen. Die Wunde war schrecklich, alles war zerrissen. Er überlebte, verbrachte drei Monate auf der Intensivstation und kam später in seine Einheit zurück, mit Kalaschnikow und Pistole. Er hat sich eben entschieden.
ZAVTRA: Woher haben die Rebellen in Syrien denn so viel Waffen?
M.M.: Waffen haben sie genug. Scharfschützengewehre, Panzerabwehrwaffen, Maschinengewehre – alles ist da. Es gab viel alten Plunder, denn z.B. aus Libyen kamen frachterweise Waffen, darunter auch aus US-amerikanischer und israelischer Produktion. Weiterhin ist der Kanal aus der Türkei offen. Wir haben selbst gesehen, wie die Syrer Lufteinsätze flogen, und die Rebellen beharkten sie mit Boden-Luft-Raketen.
Die syrische Aufklärung hat Informationen darüber, dass in den Flüchtlingslagern in der Türkei britische und amerikanische Instrukteure Al-Kaida-Leute ausgebildet haben, welche denn auch mit den MANPADS ausgerüstet wurden. Die Rebellenbanden benutzen auch Flammenwerfer, eine Waffenart, die ich bei den Syrern nicht gesehen habe. Sie besitzen auch hochpräzise, weitreichende Scharfschützengewehre und Computersysteme zur Steuerung derselben, Panzervernichtungswaffen… Die Syrer benutzen hingegen unsere Panzer, T-72 mit dynamischer Panzerung. Sie kämpfen und besiegen diese aufgepeppte internationale Militärmaschinerie.
ZAVTRA: Trifft es zu, dass es unter den Rebellenbanden eine große Zahl an Ausländern gibt?
M.M.: Das trifft zu. Dabei denken viele von denen sogar, dass sie.. auf dem Territorium Israels für die Freiheit Palästinas kämpfen! Da gibt es beispielsweise Afghanen, die gar nicht wissen, was Syrien überhaupt ist. Ich habe unzählige solcher Leichen gefilmt, die sie nicht zu verbrennen geschafft haben. Saudis und Pakistanis kann man zum Beispiel oft an den mit Henna gefärbten Bärten erkennen. Wir finden auch unentwegt Geld in ausländischen Währungen, aus Libyen, dem Sudan, der Türkei.
Marat Musin war als erster Journalist nach dem Massaker
von Al-Hula vor Ort.Die geheuerten Söldner sind vor allem Islamisten aus Problemgebieten. Das Anwerben kostet nicht viel: für 400-500 US-Dollar gehen sie in den Tod. Schuhada werden gekauft. Väter verkaufen einfach ihre Söhne, damit diese sich irgendwo in Syrien in die Luft sprengen. Aktiv sind auch und vor allem irakische Zellen der Al-Kaida. Ich habe insgesamt 12 Mann interviewt, die Kommandeure verschiedenen Ranges in der sogenannten Al-Nusra-Front waren. Vor ungefähr einem Monat hat das US-State Department diese Struktur auf die Liste der terroristischen Organisationen gesetzt. Das ist wie der Klassiker: “Ich habe dich geboren, ich werde dich auch töten.” (Anspielung auf Nikolaj Gogols “Taras Bulba” – apxwn.)
ZAVTRA: Was denken Sie, wird der Zustrom von Söldnern nach Syrien noch zunehmen, oder ist die Spitze bereits hinter uns und die Zahl dieser Gruppierungen wird sinken?
M.M.: Wenn man in Betracht zieht, dass die USA ein Fiasko ihrer Nahost-Politik eingestanden haben, so kann man annehmen, dass sie von ihrer Doktrin, Krieg mit den Händen salafitischer Kommandos zu führen, Abstand nehmen. Dieser Prozess nahm nach dem Mord am US-Botschafter in Libyen am 11. September 2012 seinen Anfang. Gerade dieser Botschafter war es ja, der die Al-Kaida gewissermaßen betreut hatte. Wir sind inzwischen sehr sicher, dass die USA den Abbau der Trainingslager von Terroristen durchgewunken haben.
Die Ablösung von David Petraeus, welcher der Urheber des militärischen Konzepts ist, das auf den “salafitischen Komintern” setzt, zeugt davon, dass die Kriegspartei der NATO abgelöst worden ist. Mit dem Amtsantritt des neuen US-Verteidigungsministers, der dem Iran gegenüber etwas freundlicher gesinnt ist, wird klar – Washington zieht seine Schlüsse aus den Fehlern, und auch dort treten etwas vernünftigere Leute auf die Bühne. Syrien nun ist zu einer Deponie geworden, wo die Rester des aufgegebenen salafitischen Projekts entsorgt werden.
ZAVTRA: Fachleute führen an, dass, nachdem man Syrien zwei Jahre lang mit Krieg gebeutelt hat, inzwischen die geopolitischen und wirtschaftlichen Interessen der USA und ihrer Verbündeten in den Vordergund rücken. Worin macht sich das bemerkbar?
M.M.: Offensichtlich wird man sich jetzt mit dem Iran darüber einigen, die Erdgasleitung Iran – Irak – Syrien zu verlegen. Katar bleibt im Fokus der strategischen Interessen der Vereinigten Staaten: das ist nichts anderes als Exxon-Mobile. Unsere Analytiker sagen, dass das Tandem USA-Katar Ägypten quasi aufgekauft hat. Vor einem Monat gaben sie den Ägyptern einen Kredit über 5 Milliarden US-Dollar, von denen eine Milliarde geschenkt war. Weitere 23 Milliarden werden in eine Erweiterung des Suezkanals investiert sowie in ein Erdgasverflüssigungsterminal an der Küste. Die Amerikaner haben ihren Präsidenten in Ägypten eingesetzt, indem sie das von ihnen kontrollierte Projekt “Moslembrüder” aktiviert haben. Wenn Mursi sich seinerzeit in den Vereinigten Staaten mit Raketentechnik befasst hat, so ist es nur normal, ihn mit den Geheimdiensten dieses Landes in Verbindung zu wähnen. (…) All das läuft im Rahmen der Strategie, das Erdgas aus dem Norden – aus Russland – durch das Erdgas aus dem Süden zu ersetzen, welches von den US-Verbündeten oder zu ihnen neutralen Staaten stammt. Das ist nichts weiter als ein Schlag gegen Gazprom, ein Preiskrieg und eine Überführung unserer potentieller Verbündeter ins Lager unserer potentiellen Konkurrenten und Feinde. Das Ziel besteht darin, Iran von China zu entfremden und ihn mit Gazprom kollidieren zu lassen – also mit Russland. Dass sieht man recht gut am Vorgehen Katars und den Neubesetzungen im US State Department.
Was Syrien in dieser Situation zu tun hätte, ist soweit klar. In diesem Jahr wird der Krieg vorübergehen. Die Versuche, Baschar al-Assad zu liquidieren, werden noch um die 6-9 Monate anhalten. Katar hat Israel seinerzeit zwei Jahre kostenlose Erdgaslieferungen angeboten, wollte der Mossad die gezielte Tötung Assads vornehmen. Der Mossad hat allem Anschein nach diese Information durchsickern lassen. Bekannt ist jedoch auch, dass private europäische Militärfirmen Gelder für die Liquidierung syrischer Regierungsmitglieder empfangen haben (…).
ZAVTRA: Es gab die Meldung, dass die Familie Baschar al-Assads schon de facto an Bord eines russischen Militärschiffs ist…
M.M.: Unsinn. Erstens war ich Zeuge von Telefonaten meiner Bekannten mit dem syrischen Präsidenten. Mitunter beschweren wir uns bei ihm auch, dass unsere Arbeit behindert wird. In Syrien werden Journalisten behütet, und wir filmen ja nun gerade an den Frontlinien. Sicher, wir versuchen, keine Militärgeheimnisse mit preiszugeben.
Ich möchte noch einmal unterstreichen – der Druck wird noch maximal ein halbes Jahr aufrechterhalten. Das sieht man übrigens auch an der Art der Terroranschläge. Während man ehedem Bomben sprengte, um möglichst viele Menschen unter der Zivilbevölkerung mit in den Tod zu reissen, so attackiert man inzwischen gezielt Einrichtungen der Grundversorgung, um die Bevölkerung zu provozieren und das alles auf Assad abzuwälzen.
M. Musin in der Zitadelle von AleppoWir kamen beispielsweise nach Harasta – eine gesäuberte Ortschaft. Kurz bevor wir ankamen, wurden drei Arbeiter einer Großbäckerei erschossen. Harasta blieb eine Woche lang ohne Brot. Und wer trägt die Schuld? Die Rebellen stellen auch Videokameras auf, und “plötzlich” geht an der Stelle, an der sie filmt, eine Granate nieder und reißt 60 Menschen in den Tod, die dort nach Brot anstanden. Solch ein Online-Terrorangriff! Sie können dreimal raten – wessen Granate ist das, wenn die Rebellen vorher wissen, wo sie zu filmen haben? Getönt hat es aber in der ganzen Welt: “Baschar hat vom Flugzeug aus eine Schlange nach Brot anstehender Menschen weggebombt.” Damit ist aber klar, dass die Probleme bei der Versorgung mit Lebensmitteln, oder mit Heizöl zum Beheizen der Wohnungen dazu da sind, die Menschen auf die Straße zu treiben. Die salafitischen Brigaden sind an dieser Aufgabe gescheitert. DIe Banditen, Vergewaltiger, die Junkies unter den Syrern, die Ausländer, die man dort zu Hunderten hat ins Gras beißen lassen, haben ihren Auftrag nicht erfüllt.
Wenn die amerikanische Militärdoktrin auf menschenfresserische Strömungen setzt, auf solche, wie den “salafitischen Komintern”, so ist das ein Weg in den Abgrund. Die Rebellen sagen: “Wir killen alle, die keine Salafiten sind, die Frauen und Töchter werden wir vergewaltigen, sie werden zu unseren Sklavinnen.” Sie sehen selbst, welche Wahl jeder normale Mensch hat – entweder sich außer Landes begeben, oder zur Waffe greifen und seine Stadt, seine Straße, sein Haus, seine Verwandten und Freunde beschützen. Viele in Syrien haben ihre Entscheidung getroffen. Natürlich gibt es auch eine gewisse Menge an Feiglingen, Verrätern, welche der Meinung sind, dass sie die Sache aussitzen können. Das ist eben wie überall.
Diese menschenfresserische Kriegskonzeption ist es aber auch, die in Syrien zur Gegenreaktion geführt hat: die Menschen begannen zu kämpfen, Syrien hat seinen Himmel mittels Luftabwehr dichtgemacht. Hätten wir damals solche Systeme die Donau hinauf zu den Serben gebracht, bevor die Aggression gegen Jugoslawien begann, so hätte die NATO-Luftwaffe dort kein so leichtes Spiel gehabt. Syrien nun ist “dicht”, es sind moderne Systeme der Luftabwehr in Stellung und Alarmbereitschaft. (…)
Dem syrischen Volk steht eine vollkommen andersartige Organisation, andere Werte, ein leicht zu manipulierendes, agressives Medium gegenüber. Bei den Rebellenbanden sind Fatwas im Umlauf, die es ihren Mudschaheddin gestatten, unter den Bedingungen des “heiligen Krieges” Menschen zu vergewaltigen… in Homs habe ich einen zweifach vorbestraften Banditen befragt. Dieser Bandit, selbst ein Sunnit, hat Sunniten vergewaltigt. Und sich rechtfertigt: “Ich habe sie doch nicht getötet!”.
M. Musin in Homs, Baba AmrIn den christlichen und alawitischen Vierteln von Homs sind von den dort lebenden ca. 20.000 Frauen um die 1.200 entführt, vergewaltigt und umgebracht worden. Auf der “anderen Seite” wirkt ein krimineller Pöbel. Die Technologien sind erprobt – Gelder aus dem Ausland, Blockade von Straßen, Raub, Mord. In gewissen NATO-Dokumenten liest man zu dieser Technologie auch im Klartext: solches Humanmaterial wird von Instrukteuren gesteuert. Offen und pragmatisch wird da auf hirnverbrannte Verbrecher gesetzt. Es ist wie in Libyen, als man solche Leute en masse aus den Gefängnissen herausließ und sie dann in den Kampf schickte.
ZAVTRA: Nicht nur die syrische Armee, sondern wohl auch die gewinnen an Erfahrung, welche dieser entgegenstehen. Gibt es dadurch für Russland ein erhöhtes Risiko, mit einer solchen Masse an Wahhabiten zusammenzustossen, die auch noch im Nahen Osten ihre Erprobung durchlaufen haben?
M.M.: Scheich al-Qaradawi, der die Terroristen schon damals während des zweiten Tschetschenienfeldzugs unterstützte, ruft sie ja jetzt bereits schon dazu auf, gegen Russland vorzugehen. Und er ist es ja, der als eine der einflussreichsten Führungspersönlichkeiten in wahhabitisch-salafitischen Kreisen gilt. Am 12. Oktober des vergangenen Jahres, als es um Fragen der Finanzierung salafitischer Extremisten ging, hat er offen verkündet, dass der Hauptfeind nicht die USA sind, sondern Russland.
Es wird Versuche geben, die Situation im Wolgagebiet, im Ural und im Nordkaukasus zu destabilisieren. Allerdings geht derzeit die von US State Department wohlwollend unterstützte Finanzierung dieser Strömungen zurück. Im Großen und Ganzen ist dieser strategische Plan der Angelsachsen gegen Russland gescheitert.
Meine Bekannten unter den Armeeangehörigen schätzen, dass man die Salafiten noch im Verlauf von vielleicht zwei Jahren in Syrien vernichten werden muss. Ich meine, der amerikanische politische Zyklus ist recht kurz – sie werden sich vielleicht noch ein halbes Jahr lang in Geduld üben, hernach wird verhandelt. Sie werden die für sie passenden Entscheidungen, auch in Russland und im Iran, dann einfach kaufen, sicherlich nicht, ohne vorher unsere Verhandlungsposition maximal geschwächt zu haben, um es möglichst billig zu haben. Allerdings werden die Saudis klammheimlich, wie es scheint, aufgegeben. Darin sind sich die Experten eigentlich einig. (…)
ZAVTRA: Es scheint, als widmen wir dem Schlüsselland Türkei etwas zu wenig Aufmerksamkeit…
M.M.: Die Türkei wollte wohl zu einer Art Ukraine werden (aus russischer Perspektive ein Transitland für Ressourcen – apxwn). Den Türken gefiel der Gedanke, dass, geht der Erdgastransport einmal durch ihre Gebiete, sie profitieren und sich entspannt zurücklehnen können; deshalb haben sie bei der ganzen Sache auch so aktiv mitgemacht. Doch wie es sich herausstellte kann man Erdgas verflüssigen, und man muss dabei eben nicht unbedingt eine Pipeline durch die ganze Türkei ziehen. Insofern ist Erdogan eine politische Leiche, denn er hat die Armeeführung ausgetauscht, die sich kategorisch gegen einen Krieg ausgesprochen hat. Die Türken bekamen Probleme, als sie erfuhren, dass man um ihrem Einflussbereich herum auch zivile Flugzeuge abzuschießen gedenkt. Wir wissen aus sicherer Quelle, dass die NATO-Instrukteure die Al-Kaida-Kämpfer darauf abrichten, auch solche Flugzeuge ins Zielfeuer zu nehmen. Sicher ist Russland für sie Feind, aber die Türkei liegt nun einmal viel näher, so dass sie sich erst einmal dort umtun werden. Käme es zu einer Islamisierung in deren radikaler Auslegung, so bedeutete das ein Auseinanderfallen der Türkei. Solche Prozesse gehen dann Richtung Europa weiter – beispielsweise in Frankreich und Deutschland. Gegen die Türken wirkt auch der kurdische Faktor. Warum sollten die Kurden sich keine tragbaren Boden-Luft-Raketen beschaffen können?
ZAVTRA: Stehen die Kurden in der jetzigen Situation eher auf Seiten der syrischen Regierung?
Syrisch-türkische GrenzeM.M.: Nun, sie haben annähernd die Hälfte der syrischen Grenze zur Türkei dicht gemacht. Es ist eine andere Sache, dass, hast du einmal weitreichendere Autonomie gekostet, du sie nicht wieder hergeben willst. Das ist natürlich ein zweischneidiges Schwert. Das wird es wohl auch sein, warum man die Drusen nicht unter Waffen gestellt hat. Sie hätten ja die Grenze nach Jordanien sichern können.
ZAVTRA: In der berühmten Januarrede hat Baschar al-Assad ausgesagt, dass ein Krieg unter einer neuen Maske gegen Syrien geführt wird. Was hat das zu bedeuten?
M.M.: Gegen Syrien werden Technologien einer Manipulation der Gesellschaft eingesetzt. Die Aufgabe der Rebellenbanden ist es, die Bevölkerung auf ihre Seite zu bringen, entsprechende Bruchstellen zu finden, damit auch andere Kreise – Beamte, Ärzte, Sozialarbeiter – die Seiten wechseln. Die einen kauft man, die anderen bedroht man, irgendwo schießt man mit Granaten auf eine Menschenmenge und sagt dann, “das war Assad”. So funktioniert das. Im Großen und Ganzen ist es nicht so wichtig, was passiert ist, sondern das, wie das gezeigt wird. Das ist wohl das Merkmal der Rohstoffkriege des 21. Jahrhunderts, im Unterschied zu den Kriegen des 20. Jahrhunderts. Wie sich allerdings herausgestellt hat, kann man dieser gigantischen Medien- und Gehirnwäschemaschinerie widerstehen.
ZAVTRA: Viele Syrer sind der verbreiteten Meinung in die Falle gegangen, dass es sich hier um einen Konflikt zwischen der Regierung und der Opposition handelt. Es sieht so aus, als seien auch viele Menschen in Russland und in der ganzen Welt diesem Irrtum aufgesessen.
M.M.: Man muss immer zu verstehen suchen, wessen Interessen hinter diesem oder jenem Prozess stehen, mit wessen Händen er durchgeführt wird. Was ist das für ein Konflikt – ein künstlich geschaffener oder ein objektiv vorhandener? Die USA haben den Syrern verkünden lassen: “Jungs, wir werden euer Land umformatieren und es in den Asphalt stampfen… alles das für euer kommendes Glück – ihr werdet besser leben, für euer eigenes Geld, denn eure Bürokratie hat sich einfach zu viel unter den Nagel gerissen. Die Konten frieren wir ein, geben den Rebellen und Salafiten von der Al-Kaida die Möglichkeiten, alles schnell zu bereinigen.” So wurde Libyen gekauft, zerlegt und zerstört, dort, wo jetzt die Hungerleider klagen: “Wir dachten, dass wir besser leben werden, es ist aber viel schlimmer, als unter Gaddafi!”. Dort ist ja sogar schon die Selbstmordrate auf Grundlage dieser sozialen Lage merklich angestiegen.
Was habt ihr denn gedacht? Man hat es euch doch klar gesagt: “Was tut ihr? Ihr vernichtet euer eigenes Land im Interesse des Rockefeller-Clans, der britischen und französischen Erdölhändler.” War doch aber klar, Berlusconi hat alles offen gesagt…
Quelle: zavtra.ru