STRATFOR, das auch als “Privat-CIA” bekannt ist, hat letztens einen recht umfangreichen Artikel veröffentlicht, der die Beziehungen zwischen Iran und den USA zum Inhalt hat und versucht, die Entwicklung dieser Beziehungen in der zweiten Amtszeit Obamas zu prognostizieren. Zwei prinzipielle Möglichkeiten werden betrachtet: entweder die Fortsetzung von militärischem und Sanktionsdruck gegen den Iran, oder ein Übergang zum Dialog. Geht man von den vorsichtigen, aber durchaus deutlich wahrzunehmenden Formulierungen aus, so empfiehlt STRATFOR einen Übergang zum Dialog, selbst, wenn das “Israel ärgert”. Hier wird selbst die Verbesserung der Möglichkeiten zur Urananreicherung im Iran als umso besserer Grund und Anlass für Dialog (anstatt, wie bisher, als “rote Linie”) beschrieben.
Offenbar beginnt man, die Fühler über die iranische Führung gleiten zu lassen, und eine Frist wird auch erwähnt – Juni 2013. In diesem Monat finden im Iran Präsidentschaftswahlen statt, zu denen Mahmud Ahmadinedschad nicht mehr antreten kann. Zwar ist auch den Amerikanern klar, dass Ahmadinedschad durchaus nicht der verbohrte Fanatiker ist, als der er immer dargestellt wird, doch sie scheinen es vorzuziehen, den Wechsel in der iranischen Führung abzuwarten – sicher, damit man den US-Wählern nicht erst erklären muss, warum die Beziehungen zum Iran nun plötzlich etwas entlastet werden.
Bei STRATFOR heißt es durchaus diplomatisch und geschmeidig, dass die “diplomatischen Unpässlichkeiten innerhalb des letzten Jahrzehnts sich negativ auf Washington und Teheran niedergeschlagen haben”. Das sind nicht die gewohnten Schuldzuweisungen und Verteufelungen.
So scheint denn auch das Szenario zu sein, dass man einander erst einmal minimale Zugeständnisse macht und die öffentliche Meinung im jeweiligen Lande auf künftige, merkliche Änderungen vorbereiten wird. Wenn STRATFOR sich um das Anwachsen des Extremismus in der Region bekümmert, so scheint man in diesem Zusammenhang wohl zu meinen, dass Iran die Rolle eines stabilisierenden Faktors in der außer Kontrolle geratenden Region übernehmen könne.
STRATFOR tut seinen Teil in den USA, aus dem Iran (bzw. aus Ägypten) hört man von Präsident Ahmadinedschad himself, dass das Angebot der Amerikaner (zu Direktgesprächen) “neu und positiv” sei, und dass, kommt es zu einer Änderung des Verhaltens, die Iraner “das Angebot wohlwollend prüfen” werden. Na, das ist doch etwas. Die vorsichtigen Andeutungen über eine Änderung der gegenseitigen Politik und Diplomatie zwischen den USA und Iran in kraft. Doch Ahmadinedschad äußert sich dazu nicht, sondern singt ein ganz anderes Lied. Das kann man als charakteristisch für die derzeitige Entwicklung werten.
Eine Notiz an u.a. TomGard, der sagt, nicht die USA, sondern der Iran bewege sich: der Rahbar ist momentan vehement gegen solche Direktgespräche. Da muss nach Biden wohl noch eine etwas grauere Eminenz nachlegen.
Gleichzeitig werden im Verlauf von nur einer Woche vom Europäischen Gerichtshof die Sanktionen gegen zwei iranische Großbanken – Mellat und Saderat – aufgehoben. “Keine Beweise”, sagt man. Der Iran und der Westen beginnen zweifellos damit, sich gegenseitig unerwartete und angenehme Geschenke zu machen, bevor am 26. Februar in Kasachstan wieder die Sechsergruppe zum iranischen Atomprogramm zusammenkommt. Bis dahin müsste der Iran noch irgendeinen wohlwollenden Schritt unternehmen – er ist dran.
Es ist das übliche Szenario, dass der Westen dabei insgesamt keine Zugeständnisse hat machen müssen – durch die Sanktionen will er ein Einrücken des Iran erwirken. Durch eine Rückkehr auf die “alten” Positionen bleibt für den Westen alles, wie es war, plus ein paar kooperative Eingeständnisse Teherans. Zu den Verlierern kann man Saudi-Arabien zählen, welches man dazu gebrauchte, den durch die Sanktionen drohenden Anstieg des Ölpreises zu dämpfen. Vor rund einem Jahr erhöhten die Saudis ihre Ölförderung bis zum Anschlag, beflügelt durch die Erfolge im Widerstreit mit den Persern. Der Ölpreis hielt allein dank der maximalen Auslastung der Fördermöglichkeiten des Königreichs stand – ein halbes Jahr liefen die Rohre heiß.
Nun haben die Saudis wohl begriffen, dass man sie lediglich als Bauern in einem komplizierten Spiel gebrauchte; sie haben ihre Fördermenge zurückgeschraubt, aber das schlug sich nicht auf dem Ölpreis nieder – der Markt lebt in der Hoffnung auf Lockerung der Sanktionen gegen den Iran.